Die FRESCH-Methode

20 Jahre FRESCH bei scolix

20 Jahre FRESCH bei scolix

Unsere scolix-Autorin Bettina Rinderle nimmt dich mit auf die spannende Entwicklungsreise der FRESCH-Methode! Bettina Rinderle war schon bei der Entstehung der Freiburger Rechtschreibschule (FRESCH) dabei. Hier wirft sie einen Blick zurück und nach vorne.

So ging’s los

Am Anfang wurde FRESCH vor allem für LRS-Kinder entwickelt. Die Frage war damals: Wie können wir diesen Kindern mit auffallenden Lese- und/oder Rechtschreibschwierigkeiten helfen?

Dazu war die einfach erlernbare FRESCH-Methode ideal: Den üppigen Wortschatz, der unsere Grundschulkinder gleich überfällt, galt es zu strukturieren in die vier Strategien (Schwingen, Verlängern, Ableiten, Merken), welche die Kinder nacheinander trainieren sollten. Mehr zur FRESCH-Methode!

FRESCH lieferte auch gleich die Förderdiagnostik mit: Mit einem einfachen, diktierten Text konnten die Fehler direkt den vier Strategien zugeordnet und danach gezielt trainiert werden – maßgerecht und individuell für jedes einzelne Kind.

 

Symbole der FRESCH-Strategien

 

Vom Förder- zum Regelunterricht

Heute wird die FRESCH-Methode nicht mehr nur im Förderunterricht eingesetzt, obwohl sie darin bei Lernenden mit LRS ungebrochen zu guten Lernerfolgen führt. Heute lernen an vielen Schulen die gesamten Klassen das Richtigschreiben und Lesen mit der FRESCH-Methode, d. h. im allgemeinen Deutschunterricht und nicht nur in der Förderung. Es hat sich einfach gezeigt, wie sinnvoll die Methode ist und welche erfolgreiche Wirkung sie bei fast allen Lernenden mit LRS zeigt. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass so die Förderung anschlussfähig an den Regelunterricht ist.

 

Inzwischen ist FRESCH

 

  • eine Haltung:

Wir sind ins Gelingen verliebt und nicht ins Scheitern (nach E. Bloch).

Wir wertschätzen die Anstrengungsbereitschaft der Kinder und respektieren den Wert jedes Kindes auf Grund seines Wesens und nicht nur wegen seiner Leistungen.

 

  • ein Geschenk,

weil die Materialien mit viel Einfühlung und Verständnis für die Kinder geschaffen wurden, weil die Materialien Spaß, Freude, Herausforderung, Spannung, Witz und Ideenreichtum bringen und weil die Materialien differenziert von leicht bis schwierig, von einfach bis komplex gestaltet sind und dadurch für jedes Kind etwas dabei ist.

 

  • ein Versprechen,

weil wir jedes Kind mit der FRESCH-Methode mitnehmen und zum Erfolg führen können – bei konsequenter Anwendung.

 

Mit Bewegung lernen

Ich erinnere mich, dass ich vor langer Zeit, zu den Anfängen der FRESCH-Methode mit meiner 2. Klasse das Silbenschwingen übte. Die Grundübung – synchrone Schritt-, Hand- und Sprachbewegung – war bereits ziemlich sicher erlernt. Jetzt waren Spiele angesagt: unter Stühle krabbeln, vom Stuhl oder Tisch springen (je nach Silbenzahl), Papierbälle beim Silbensprechen zuwerfen, 4-Ecken-Silbenraten, Seilspringen, Silbenmalen und vieles mehr. Auf jeden Fall ging es bunt und turbulent her, als mein Schulleiter unerwartet ins Klassenzimmer trat und staunend das Geschehen betrachtete.

Kommentarlos verließ er den Raum, und ich erwartete schon eine sehr kritische Anmerkung im Lehrerzimmer. Stattdessen berichtete er meinen Kolleginnen und Kollegen: „… und dann turnten sie über Tisch und Bänke – aber die Silben, die konnten alle richtig schwingen!“ Das überraschte und erstaunte mich.

Erstaunlich fand ich auch, dass bei meinen Fortbildungen die Kolleginnen und Kollegen mit dem gleichen Spaß alle Variationen des Silbenschwingens mitmachten. Bewegung ist halt immer wieder motivierend – und zum Glück wichtiger Bestandteil der FRESCH-Methode wie des Lernens überhaupt!

 

Wünsche und Träume für die Zukunft

Heute wünsche ich mir, dass in naher Zukunft der FRESCH-Kalender Freude bereitet und dass wir mit zeitgemäßen Materialien wie den „FRESCHigen Breakouts“, „Lernende mit LRS kreativ fördern“, aber auch interaktiven Strategie-Übungen Kinder, Jugendliche, Lehrkräfte und auch Eltern weiterhin erreichen. Ich träume von einem ultimativen Kompetenzheft „Lesen“, mit dem alle Kinder ihren Leseerfolg steigern und mehr Lesefreude finden können. Vor allem wünsche ich mir, dass wir den Kindern mit der FRESCH-Methode noch lange das Lesen- und Schreiben-Üben lustvoll erleichtern.

* Alle Preise inkl. gesetzl. MwSt. zzgl. Versandkosten (entfallen bei Downloads).

 

Bettina Rinderle

Foto © privat

Bettina Rinderle

war lange Jahre Beratungslehrerin, LRS-Multiplikatorin und ist Autorin zahlreicher Publikationen.

 

 

Schwungvolles Interview mit unserer scolix-Autorin Annette Holl zum Thema „FRESCH und Bewegung“

FRESCH lernen mit Bewegung

 

1. Was macht das bewegte Schreiben so besonders?

Annette Holl: Ich denke, die meisten von uns denken beim Wort „schreiben“ an einen Tisch, vor dem ein Stuhl steht, auf dem eine Person sitzt und mit der Hand oder am Computer schreibt. An ein un-bewegtes Bild also. Erkenntnisse aus der modernen Gehirnforschung bestätigen aber, dass eine Unterstützung des Schreibprozesses durch Bewegung eine positive Auswirkung auf den Schriftspracherwerb und sogar die Rechtschreibung hat.

Dabei geht es nicht um ausgiebige Sporteinheiten oder gar einen sportlichen Leistungsgedanken! Gemeint ist eine das Schreiben begleitende (moderate) Bewegung. Pro Silbe wird also beispielsweise der Arm geschwungen, geklatscht, vom Stuhl aufgestanden und sich wieder hingesetzt oder der Radiergummi in die Luft geworfen. Schon Bewegungen mit solch geringer Intensität optimieren die Informationsverarbeitung durch die Bildung neuer Nervenzellen im Gehirn. Also: Bitte deine Schülerinnen und Schüler runter von den Stühlen und rauf auf die Tische!

Ziel des Ganzen ist es, den Rhythmus unserer Sprache in einer Bewegung umzusetzen und daraus Schrift entstehen zu lassen, also beispielsweise auf dem Minitrampolin gehopste Wörter danach konzentriert am Tisch sitzend aufs Blatt Papier zu bringen.

 

Silbenschwingen

 

2. Wie kann der Schreiblernprozess durch Bewegung und Spiel optimal unterstützt werden?

Annette Holl: Bis vor ein paar Wochen haben die Schulneulinge im Kindergarten noch täglich gesungen, ein Fingerspiel gemacht oder einen Spielreim à la „Morgens früh um sechs kommt die kleine Hex´“ gesprochen und konnten sich fast immer bewegen. Nun sollen sie stundenlang auf ihren Stühlen sitzenbleiben, um schreiben und lesen zu lernen. Ist das wirklich nötig? Ich sage: Nein!

Nutze stattdessen den ausgeprägten Bewegungsdrang und die Spiellust deiner i-Dötzchen für Übungen, die deren Überkreuzsteuerung (rechter Arm nach oben, linker nach unten – wechseln), den Gleichgewichtssinn (Schulbuch auf den Kopf und im Klassenraum umherstolzieren), die Orientierung im Raum (wo ist rechts und links?) und ihr Rhythmusgefühl fördern (Abzählreime, Gedichte und Merksprüche sind alles andere als altmodisch!).

Die zentrale Strategie der FRESCH-Methode ist das Silbenschwingen (pro Silbe im Wort erfolgt ein Schritt nach rechts, während die Hand gleichzeitig einen tiefen Bogen in Schreibrichtung in die Luft zeichnet), die stringent vom ersten Schultag an mit den Schulkindern eingeübt werden sollte.

Baue bewegte Sprachübungen möglichst nicht nur in LRS-Förderstunden, sondern für alle zum Start in den Schultag, bei Spielen auf dem Pausenhof oder auch in die regulären Sport- und Musikstunden ein. All das führt quasi nebenbei zu einer guten Motorik und (Körper-)Koordination der Kinder, beides Basis für einen gelungenen Schreiblernprozess.

 

Buch Frische FRESCH-Bewegungsideen

 

3. Welchen Mehrwert bieten FRESCH-Bewegungsübungen für Schülerinnen und Schüler?

Annette Holl: Zwar liegt mir als passionierte Freizeitsportlerin, Sportlehrerin und Autorin zweier Bewegungs-Ratgeber das bewegte Lernen in (Grund-)Schulen sehr am Herzen. Aber bei den bewegten FRESCH-Übungen steht die Bewegung nicht isoliert im Vordergrund. Sie ist hier ein hilfreiches bewegtes Mittel zum sinnvollen Zweck des (Recht-)Schreibenlernens.

Die Übungen basieren alle auf dem Silbenschwung und können schnell und unkompliziert, mit wenig Materialaufwand (z. B. Bälle, Zeitungspapier) und fast keiner Vorbereitungszeit (eine Sammlung von Wort- und Bildkarten und ein paar Kinderlieder reichen für den Start) eingesetzt werden.

Bei allen geht es um das Training des Rhythmusgefühls, die Koordination von Bewegung und Silben und Impulsen für die Rechts-links-Vernetzung. Sie öffnen damit das „Tor zum Lesen und Schreiben“ deiner Schulkinder, da sie das Zusammenspiel der beiden Gehirnhälften sowie deren Silbenbewusstheit forcieren.

 

FRESCH-Bewegungsübung

 

4. Welche Tipps kannst du zum bewegten Schreiben geben?

Annette Holl: Entscheidest du dich für einen bewegteren Schreibunterricht, so ist es hilfreich, wenn du deinen Klassenraum so ausrichtest, dass deine Schülerinnen und Schüler ohne große Umräumaktionen auch spontan aufstehen, herumgehen und Bewegungen mit Materialien unterstützen können. Halte einen Fundus an Kleingeräten bereit, schaffe freie Flächen und vermeide, dass Schulranzen oder ungenutzte Möbelstücke zu Stolperfallen werden. Vielleicht steht bei dir zu Hause ein nie benutztes Minitrampolin oder Pedalo herum? Toll, dann lass deine Schülerinnen und Schüler damit Silben in Bewegung bringen.

Informiere deine Kolleginnen und Kollegen über einen zeitweise erhöhten Lärmpegel in deinem Klassenraum, achte aber auch im Sinne deiner eigenen Nerven und den Besonderheiten einzelner Kinder in deiner Klasse darauf, dass sich der Lärm in einem erträglichen Rahmen hält. So können Schwungübungen auch leise schleichend statt laut hüpfend durchgeführt werden.

 

5. Welche FRESCH-Bewegungsübung begeistert dich besonders und warum?

Annette Holl: Oje, ich finde alle Übungen klasse, da sie so herrlich einfach und mit minimalem Materialaufwand daherkommen und eigentlich keine Ausreden für un-bewegtes Schreiben bieten.

Eine wahrlich spaßige Idee, die ich hier aber sehr gerne erwähne, ist es, die Schultreppe zum Turngerät umzufunktionieren. Die eignet sich nämlich hervorragend, um das silbierende Sprechen in Bewegung zu üben. Alle Kinder stehen jeweils zu dritt nebeneinander in Reihen hintereinander unten an der Treppe. Du nennst ein Schlangenwort, z. B. Trep-pen-haus-gym-nas-tik. Die vordersten Kinder sprechen das Wort nach und gehen dabei pro Silbe eine Stufe nach oben. In jeder Runde kommen dann weitere Kinder dazu, die silbierend nach oben gehen. Dasselbe geht natürlich auch von oben nach unten oder in anderen Bewegungsformen – seitwärts, hüpfend, auf Zehenspitzen.

 

Schultreppe als Turngerät

 

Ich finde diese Übung so genial einfach und dennoch besonders, weil der Klassenraum verlassen wird, das hat irgendwie was von „Ausflug mitten am Schultag“.

 

Annette Holl

Foto © Michael Steck www.michael-steck.com

Annette Holl

 lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern im Schwarzwald. Sie unterrichtet in Teilzeit an einer kleinen Grundschule. Zudem betreut sie als Kooperationslehrerin die Vorschulkinder. Sie arbeitet seit 2008 als freiberufliche Autorin und hat zahlreiche Ratgeber und Unterrichtshilfen für Lehrkräfte geschrieben.

 

Unsere Tipps zum Weiterlesen:

Gutes Klassenklima   Lese- und Rechtschreibförderung   Dyskalkulie


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