Annas Tafelzauber Blog
Zahlverständnis und Operationsverständnis aufbauen
von Anna Gießer
27. Oktober 2023
Im Kompetenzbereich „Zahlen und Operationen“ ist das oberste Ziel der Aufbau eines tragfähigen Zahlverständnisses und in weiterer Folge der Aufbau eines tragfähigen Operationsverständnisses und Stellenwertverständnisses. Dies ist grundlegend für die Prävention von Mathematikschwierigkeiten. Wie das im Unterricht gelingen kann, erkläre ich dir im folgenden Blogbeitrag.
Ein tragfähiges Zahlverständnis |
Was ist überhaupt ein tragfähiges Zahlverständnis?
Ein tragfähiges Zahlverständnis wird aufgebaut, wenn Kinder den kardinalen Zahlaspekt, das Verständnis der Teil-Ganzes-Zerlegung und die Fähigkeit zum Darstellungswechsel erfasst haben. Der kardinale Zahlaspekt meint das Mengenverständnis, das vor allem in der Schuleingangsphase trainiert werden soll. Die Teil-Ganzes-Zerlegung ist die Einsicht, dass eine Menge in zwei Teile zerlegt werden kann oder mehrere Mengen zu größeren Mengen zusammengesetzt werden können. Es ist die Grundlage für die Konstruktion von Beziehungen zwischen Aufgaben in verschiedenen Zahlenräumen. Unter der Fähigkeit zum Darstellungswechsel wird verstanden, dass Kinder eine umfangreiche Vorstellung zu Zahlsymbolen erhalten sollen. Diese Vorstellungen sollen flexibel abrufbar sein. Das heißt, dass zum Beispiel zum Zahlsymbol „5“ die Menge dahinter, das Fingerbild oder andere Darstellungen, das Zahlsymbol und die Aussprache des Zahlsymbols abrufbar sind. Kinder sollen außerdem Einsicht in Zahlbeziehungen aufbauen.
Wie kann ich dies nun im Unterricht fördern?
Das Mengenverständnis kann ich vor allem mit unstrukturierten (Alltagsmaterialien) anschaulich üben. Wichtig ist, die Kinder selbst viel legen zu lassen: Kastanien legen, Perlen auffädeln, Steine den Würfelbildern zuordnen, Holzwürfel passend zum Zahlsymbol legen.
Für die Teil-Ganzes-Zerlegung können mehrere Materialien eingesetzt werden. Schüttelboxen, Rechenstäbe, Glasnuggets und andere unstrukturierte und auch strukturierte Materialien finden hier Einsatz. Wichtig ist wieder, die Kinder selbst handeln zu lassen. Das Zerlegen in zwei Teilmengen kann mit einem Pappteller und Glasnuggets geübt werden. Das Zahlenhaus ist in weiterer Folge die Verschriftlichung auf der symbolischen Ebene der Teil-Ganzes-Zerlegung im Sonderfall mit zwei Teilmengen.
Für die Fähigkeit zum Darstellungswechsel ist ein handelnder Unterricht Voraussetzung. Die Kinder sollen sowohl unstrukturierte als auch strukturierte Materialien kennenlernen und selbst damit hantieren können. Fingerbilder erkennen und selbst zeigen, bei der Zifferneinführung die Menge legen, andere bildliche Darstellungen erkennen und Ziffern benennen zählen zur Fähigkeit des Darstellungswechsels.
Ein tragfähiges Operationsverständnis |
Was ist überhaupt ein tragfähiges Operationsverständnis?
Ein tragfähiges Operationsverständnis wird aufgebaut, wenn Kinder Grundvorstellungen zu den Rechenoperationen und das Erkennen und Nutzen von Beziehungen und Strukturen zwischen den Aufgaben erlangen. Ebenso wie beim tragfähigen Zahlverständnis ist die Fähigkeit zum Darstellungswechsel auch eine wichtige Kompetenz.
Wie kann ich dies nun im Unterricht fördern?
Um Grundvorstellungen zur Addition und Subtraktion zu erhalten, ist handelndes Arbeiten unumgänglich. Die Kinder sollen den Vorgang dahinter begreifen. Dazu eignen sich zum Beispiel auch Rollenspiele. Das Erkennen und Nutzen von Zahlbeziehungen basiert auf der Teil-Ganzes-Zerlegung. Die Kinder sollen wissen, dass 8 um eins mehr ist als 7 und um eins weniger ist als 9. Der Vorgänger von 8 ist 7 und der Nachfolger ist 9. 8 steht zwischen 7 und 9. 8 ist doppelt so viel wie 4 und halb so viel wie 16. 8 ist größer als 2 und kleiner als 20.
Weitere Ideen für den Unterricht |
In meiner ersten Klasse habe ich „Zählboxen“ verwendet. Meine Zählboxen habe ich mit unterschiedlichsten unstrukturierten Materialien befüllt (Glasnuggets, Holz-Marienkäfer, Holzwürfel,…). Diese haben uns zu Beginn des Schuljahres zum Zählen gedient. Auch das Zählen und der Erwerb von Zählstrategien ist nämlich eine wichtige Kompetenz. Später haben die Kinder damit Mengen zu Strichlisten oder anderen Darstellungen gelegt. Auch als Schätzbox wurden sie eingesetzt. Davor haben die Kinder immer versucht zu erraten, welche Dinge und wie viele Dinge in der Box sind. Denn wenn ich eine Box mit 10 Glasnuggets schüttle und eine Box mit 2 Flummis, hört sich beides ganz anders an. Die Zählboxen, wie ich sie ursprünglich genannt habe, haben also im Laufe des Schuljahres immer wieder neue Funktionen bekommen.
Das Buch "Addieren und Subtrahieren – Klasse 1 und 2" vom scolix Verlag war eine gute Ergänzung in meiner Klasse. Haben wir handelnd gearbeitet und eine Grundlage geschaffen, so haben wir uns oftmals im Übungsbuch vertieft und auf der bildlichen und symbolischen Ebene Rechenvorgänge wiederholt und gefestigt. Mich hat der einfache und schlichte Aufbau des Buches begeistert. Die Seiten sind nicht überladen, sondern schlicht gestaltet. Manchmal ist eine bildliche Stütze noch vorhanden und manche Übungsseiten basieren nur noch auf der symbolischen Ebene.
Ich bin Anna, leite mein eigenes Nachhilfeinstitut, gebe Legasthenie- und Dyskalkuliestunden und halte vielfältige Workshops und Fortbildungen. Meine Schwerpunkte liegen in der Förderung, da ich neben meinem Studium die Ausbildung zur Legasthenie- und Dyskalkulietrainerin absolviert habe. Zudem habe ich bereits als Volksschullehrerin in Österreich gearbeitet und eine erste Klasse unterrichtet. Auf meinem Instagram-Profil "Annas Tafelzauber" kannst du mehr über mich erfahren.